Wassermond-Sangha
Oeynhausen

Hara aus der Mitte

Körper und Geist sind eins. Sei freundlich zu deinem Körper und sanft zu deinem Geist. Spüre deinen Atem und nimm wahr, wie dieses Spüren dein Bewusstsein erreicht. Wenn du einen langen Atem hast, wird dein Geist ruhiger. Wenn du einen kurzen Atem hast, wirst du deinen Geist schneller und sprunghafter erleben. Zunächst geht es nur darum, dies zu beobachten. Nach und nach wirst du Möglichkeiten finden, Atem und Geist zu lenken.

Wenn du deinen Geist beruhigen möchtest, hilft es, den Atem zu beruhigen durch langes und tiefes Ausatmen. Ausatmen ist wichtiger als Einatmen. Wir geraten häufig außer Atem, weil wir zu viel verbrauchte, alte Luft in unseren Lungen haben. Die muss erst raus, bevor wir die frische, sauerstoffreiche Luft in unseren Lungen verarbeiten können. Untersuche für dich, welche Auswirkungen der Atem auf deinen Geist, deine Gefühle und Emotionen hat.

Wenn du es eine Weile schaffst, den Focus auf deinen Atem zu richten, was passiert dann mit deinen Emotionen und Gefühlen? Beruhigen sich die Geschichten, die du dir erzählst, kannst du die Pausen wahrnehmen, die dein sonst unablässig plappernder Geist macht?

Selbsterkenntnis durch Meditation ist ein Weg. Keine einmalige, großartige Erfahrung. In der Meditation kann ich lernen, meinen Körper und meinen Geist zu beeinflussen und zu steuern. Aber dafür brauche ich eine gewisse Übung und ein Verständnis, wie mein Körper und mein Geist funktionieren. Dieses Verständnis erreiche ich durch eine offene, möglichst urteilsfreie Selbstbeobachtung.

Immer wenn ich etwas Bestimmtes will und zu viel Druck ausübe, werde ich weniger erreichen, als durch ein offenes Zulassen dessen, was ich gerade beobachte. Durch dieses Zulassen kann ich besser aus der Wirklichkeit heraus handeln. Ich bin mehr mit meiner Wirklichkeit verbunden und nicht so in meinen Illusionen verhaftet.
Offenes Zulassen, geschehen lassen und Hingeben entwickeln in meinem Geist eine Haltung der Gelassenheit und Weisheit.

Das absichtslose, aufrechte Sitzen „Shikantaza“ versammelt die Energie im Hara. Hara ist der japanische Name für den Mittelpunkt unseres Körpers. Er wird etwa zwei Fingerbreit unterhalb des Nabels in der Körpermitte verortet. Wenn wir uns unseres Hara bewusst sind, wird es sich früher oder später in unserem unteren Bauch in der Mitte des Leibes als erdverbundene Energie manifestieren. Und von dort aus unsere gesamte Haltung und all unser Tun mit Energie versorgen. Wir können dann mit größerer Gelassenheit und mehr Energie auftreten und agieren.
Wenn wir beispielsweise das Zen- Bogenschieß praktizieren, üben wir uns darin, mit einem geerdeten Stand alle Übungsschritte aus dem Hara zu vollziehen. Wir brauchen dann nur sehr wenig Muskelkraft und unsere gesamte Haltung ist aufgerichtet und geerdet zugleich.

In meiner gesamten Meditations-Praxis halte ich meine Aufmerksamkeit auf das Hara gerichtet. Meine Handhaltung - die kleinen Finger liegen etwa zwei Zentimeter unterhalb des Nabels auf dem Hara und unterstützen so mein Bewusstsein und meine Bewusstheit.

Wir können diese Energie in unserem Körper spüren und sie so in unser Bewusstsein aufnehmen. Wenn wir das Hara als zu uns gehörig anerkennen und akzeptieren, können wir es sowohl in all unser Tun fließen, als auch für unsere Geisteshaltung von Bedeutung sein lassen.

Wir können uns kraftvoll aufrichten und damit gelassen bewegen und handeln. Beim Sitzen in der Meditationshaltung beziehen wir uns auf unser Hara; von hier aus richten wir uns auf mit Gelassenheit, Freude und Gleichmut.

(DaiHiDo)